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Das Lächeln der Medusa (Guido Reuter) Im antiken Mythos verwandelt der Blick Medusas den Angeblickten in Stein. Ähnlich kann es dem Betrachter der Werke von Siniša Kandić im VisaVis mit diesen ergehen: Die Glätte und Kälte des Glases als Bildträger, die scharf aneinanderstoßenden, dezidiert waagerecht verlaufenden Farbstreifen und deren oftmals harte farbliche Kontrastierung können zur Erstarrung der Wahrnehmung führen zum Einfrieren des Blicks. Anders jedoch als im antiken Mythos, in dem die einzige Überlebenschance darin besteht, sich dem Blick der Medusa zu entziehen oder ihr das Haupt abzuschlagen, sollte sich der Rezipient der Werke von Siniša Kandić nicht von diesen abwenden oder die Bilder durch einen Akt der Zerstörung entmachten. Denn die Gemälde des Künstlers lächeln, doch tun sie dies nur bei einer eingehenderen Betrachtung. Das Lächeln der Werke entwickelt sich aus dem subtilen Umgang des Künstlers mit der Farbe und der thematischen Infragestellung des Bildraums. Erscheint es auf den ersten Blick so, als würden die Farbstreifen auf einer Ebene liegend aneinanderstoßen, wird auf den zweiten Blick die räumliche Dimension der Gemälde offenkundig. Die Farbstreifen beginnen nun aufgrund ihrer versetzten räumlichen Lage auf den hintereinander montierten Scheiben sowie aufgrund der tonalen Modulationen und abweichenden Helligkeitswerte in ein optisches Vor- und Zurückschwingen überzugehen. Im Zwischenraum der beiden Glasscheiben , die am oberen und unteren Rand mit einer Metalleiste verbunden sind, eröffnet die visuelle Vibration der Streifen jeweils einen genuin eigenen Farbraum. Hier, im Inneren der Gemälde, werfen die Streifen der vorderen Scheibe ihre Schatten auf die hintere und mit der so differenzierter werdenden Lineatur erfährt auch der Farbraum eine zusätzliche Modellierung. Die Werke erlauben der Wahrnehmung allerdings kein Entweder-Oder von Farbfläche oder Farbraum: Unausweichlich wird die Fläche zum Raum, schlägt der Raum in die Fläche um. Derart gelangt Kandic in seinen Bildern zur paradoxen Verschwisterung von Fläche und Raum. Das Lächeln der auf den ersten Blick medusenhaften Gemälde Siniša Kandić ist ihr hohes Maß an sinnlicher und damit sinnreicher Ausstrahlung - ihr Reiz, in ihnen immer wieder etwas Neues zu entdecken…
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