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"Übergang", 2012, Glasemaille, Installation für die Treppenanlage des Neubaus der Stadtwerke Essen AG

"Übergang"

Eine skulpturale Installation für die Treppenanlage des Neubaus der Stadtwerke Essen AG vom bildenden Künstler Siniša Kandić, 2012.

 

Ausgangspunkt

 

Für die Treppenanlage des Neubaus der Stadtwerke Essen AG ist ein Kunstwerk entstanden, das zwei ästhetische Ansätze verfolgt. Erstens soll der skulpturale Charakter der Treppe von Eisenberg und Hoffmann Architekten betont werden und zweitens soll das Kunstwerk eine konzeptuelle Auseinandersetzung mit der konkreten Raumsituation darstellen. Beide Gestaltungsprinzipien zielen auf eine harmonische Gesamtwirkung von Kunst und Architektur. Darüber hinaus soll eine feierliche und erhabene Stimmung den Übergang vom Altbau zum Neubau der Stadtwerke Essen formvollendet hervorheben.

 

Herleitung der Idee

 

Die neue Treppe von Eisenberg und Hoffmann Architekten im Übergangsbereich Altbau/Neubau weist eine zunächst Überraschende Ähnlichkeit mit der Treppenanlage der Biblioteca Laurenziana in Florenz auf, die von Michelangelo in den Jahren 1523-34 entworfen wurde. Bei genauer Betrachtung der Raumsituation wird klar, dass einerseits vergleichbare architektonische Schwierigkeiten und anderseits der Anspruch eine funktional sowie ästhetisch außergewöhnliche Treppe zu bauen, zu vergleichbaren Lösungen führen kann.  „Die wahre schöpferische Kraft manifestiert sich in der Lösung schwieriger Aufgaben." (Vasari)

 

Genau wie hier in Essen, hatte Michelangelo in Florenz  mit dem Neubau der Biblioteca Laurenziana das Problem zwei Gebäudeteile von verschiedener Höhe zu verbinden. Nach langwieriger Planung fand er die Lösung in der Gestalt eines 3-Schtufigen Treppenaufgangs, der den tiefer liegenden Vorsaal "Ricetto" mit dem lang gestreckten Lesesaal verbindet. Das schwere, in den Raum herabfließende, Treppengebilde mit den ersten geschwungenen Treppestufen und großen Voluten im Sockelgeschoss erheben den Ricetto zu einer der persönlichsten und eigenartigsten Schöpfungen Michelangelos. Zum ersten Mal in der abendländischen Architektur, wird die Treppe als skulpturales Element zur Stilkomponente der Baukunst erhoben. Die Treppe von Eisenberg und Hoffmann Architekten in Essen weist in ihrer Gestaltung bau- und kunstgeschichtlich auf ihren geistigen Ursprung hin. Gleichzeitig sind ihre Aufbauprinzipien frei und entsprechen unserem Zeitgeist. An Stelle der wuchtigen Stilelemente des Manierismus treten klare und pure Formen.

 

Konzeption

 

Das Kunstwerk für die Treppenanlage des Neubaus der Stadtwerke Essen wird aus der ästhetischen Auseinadersetzung mit der Treppe der Biblioteca Laurenziana entwickelt, mit dem Ziel, eine möglichst ideale, zweckentsprechende und formvollendete ästhetische Lösung hervorzubringen. Dabei wird die künstlerische Intention verfolgt, das Kunstwerk konzeptuell zu erfinden. Das neu geschaffene Kunstwerk soll ein beeindruckender Bestandteil der neuen Treppe der Stadtwerke Essen werden.

 

Glasbildobjekt

 

Form

 

Aus der formalen Auseinadersetzung der beiden Treppenanlagen ist die Idee eines mehrteiligen wellenförmigen Glasobjekts entstanden. 4 quadratische Glaswellen liegen auf den mittleren Treppenstufen.

 

Links und rechts davon, der Treppenform entsprechend versetzt, jeweils 3 Glaswellen, die in ihrem Umfang das Quadrat zweiteilen. Insgesamt werden somit die Treppenbereiche mit Podest-Charakter zur Präsentationsfläche der Kunst. Diese Anordnung erfüllt zwei Absichten. Erstens werden dadurch die beiden begehbaren Treppenstufe hervorgehoben und zweitens folgt das Glasbildobjekt den Aufbauprinzipien der Treppenanlage. Darüber hinaus trägt die Durchsichtigkeit des Materials zur funktionalen und formalen Verschmelzung von Kunst und Architektur bei.

 

Inhalt

 

Für das bildnerische Konzept gilt daher, die Transparenz des Materials möglichst bestehen zu lassen. Nach eingängigen Untersuchungen stellte sich heraus, dass Ornamente, bestehend aus artifizieller Naturnachahmung, die Überzeugendsten Bildlösungen bieten. Hinzu kommt, dass die Ausgestaltung der Innenräume der Biblioteca Laurenziana auf einer monumentalisierten Ornamentik beruht. Aus diesen Überlegungen folgt der Rückgriff auf ein repräsentatives Dekorationselement, dass in der Bodengestaltung des Lesesaales wieder zu finden ist. Ausgehend vom Ornament der Bodenplatten mit den Symbolen der Medici ist ein emblematisches Ornament für die Stadtwerke Essen entstanden. Es besteht aus Kreismustern, Blütengirlanden, Versalien S E, Gänseköpfen. Das Muster für das Bildmotiv besteht in der Anordnung 8 x 8. Es ist im Uhrzeigersinn 21 Grad gedreht und sichtgerecht verzerrt. Dadurch wird die Dynamik des Bildmotivs verstärkt. Die Behandlung der Perspektive bestimmt somit einen gewählten Blickwinkel vorweg.

 

Wirkung

 

Die 10 Wellenformen sind durch das ornamentale Muster, das wie ein Netz das Gesamtgebilde Überzieht, vereinheitlicht. Die konkret greifbare Form des einzelnen Fragments begrenzt optisch den bildnerischen Inhalt, gleichzeitig ergänzt sie in der Summe ihrer Teile das Ornament. Das Glasbildobjekt ist ein selbstentgrenztes Gebilde aus mehreren Flächenformen in begehbarer Umgrenzung der verschiedenen Raumabstufungen (Treppe) und verzerrtem räumlichen Richtungsverlauf (Bildmotiv). In der Zusammenwirkung mit der Treppenanlage entsteht eine konkrete Präsenz der Form und des Bildmotivs. Dabei bleibt eine permanente ästhetische Durchschaubarkeit bestehen. Die Treppenanlage des Neubaus der Stadtwerke Essen wird zu einer begehbaren Skulptur ausgestattet mit kostbarster Glaskunst. „...und nie sah man eine bequemere Treppe, die obendrein so seltsame Abstufungen hat und so sehr verschieden von der gewöhnlichen Weise ist, dass jeder erstaunte." (Vasari)

 

Herstellung

 

Die Herstellung des Glaskunstwerks soll in Zusammenarbeit mit der Mayer'schen Hofkunstanstalt GmbH in München erfolgen. Sie ist seit 1847 mit den alten Glasgestaltungsverfahren vertraut. In die gleiche Zeit fallen die Glasemaille-Verfahren (venezianische Glaskunst 16. Jh.), wie Michelangelos Entwurf der Biblioteca Laurenziana. Transluzide Glasflüsse, Émail en résille sur verre (Glas-Goldfolie- Schmelzfarbe) und Relief-deko-geätztes Ornament revolutionierten die Glaskunst. Diese traditionellen Herstellungsverfahren sind ein wichtiger konzeptueller Bestandteil aus dem das Kunstwerks für die Treppenanlage des Neubaus der Stadtwerke Essen entstehen soll.